Thomas Minder: "Man sollte alle Lobbyisten
aus dem Bundeshaus vertreiben"
FDP und SVP haben gestern im Nationalrat bewirkt, dass die Behandlung der Abzockerinitiative um ein Jahr verschoben werden kann, um einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten. Damit wollen die Rechtsbürgerlichen erreichen, dass die im Volk so populäre Initiative zumindest nicht im Wahljahr zur Abstimmung gelangt. Sie hoffen aber, dass Thomas Minder, der Schaffhauser Initiant die Volksinitiative, die VI zugunsten des indirekten Gegenvorschlages zurückzieht und eine Volksabstimmung hinfällig würde. Doch Minder winkte im Interview mit der Schaffhauser Nachrichten (vor der Nationalratsdebatte geführt) ab. Der indirekte Gegenvorschlag, der auf Gesetzesstufe zur Anwendung käme, habe keinen Biss, "nur Milchzähne". Minder habe dies dem Vertreter der Bürgerlichen schon zehnmal gesagt. Ein Auszug aus dem Interview:
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FDP-Ständerat Pankraz Freitag sagte, es bestehe eine «realistische Chance», dass Sie Ihre Initiative zurückziehen werden.Minder: Ich habe Herrn Freitag zehnmal gesagt, ich ziehe angesichts der Ideen der ständerätlichen Rechtskommission nicht zurück. Ich weiss nicht, wie er dazu kommt, von einer «realistischen Chance» zu sprechen. Das finde ich eine Frechheit.
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Sie bleiben also dabei: Sie ziehen Ihre Initiative nur zurück, wenn die Einigungslösung zustande kommt.
Minder: Richtig. Darin haben wir 30 Punkte festgehalten. Was der Ständerat nun will, deckt nicht einmal 50 Prozent davon ab. Alle Hintertüren sind noch offen. Abgangsentschädigungen will die Kommission zwar verbieten. Vorauszahlungen und Prämien bei Firmenkäufen und -verkäufen sollen aber weiter erlaubt sein. Auch hohe Rentenzahlungen, wie sie Peter Kurer und Marcel Rohner beziehen, sollen weiter möglich sein.
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Die Kommission sagt, dass der nun anvisierte indirekte Gegenvorschlag wesentlich mehr Zähne habe als der letzte.
Minder: Er hat höchstens Milchzähne.
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Wie beurteilen Sie das Vorgehen des Ständerats, den direkten Gegenvorschlag des Nationalrats zu sistieren und erneut einen indirekten Gegenvorschlag anzustreben?
Minder: Der Ständerat bleibt seiner Haltung treu, und das ist auch richtig. Meine Forderungen sind im Gesetz sicher besser aufgehoben als in der Verfassung. Das sah ich schon immer so. Das Parlament muss allerdings aufpassen, dass es die beiden Instrumente eines direkten und eines indirekten Gegenvorschlags nicht missbraucht. Das Parlament meint, man könne einem Initianten nur so den Wind aus den Segeln nehmen.
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Wird Ihre Initiative vom Parlament verschleppt?
Minder: Ich stelle fest, dass das Parlament überfordert ist. In der Ständeratsdebatte ist kaum ein kritisches Wort gefallen. Dabei wäre Selbstkritik angebracht. Ich finde, man sollte all die Lobbyisten aus dem Bundeshaus vertreiben. Das letzte Mal ist der Ständerat aufgrund des Lobbyings der Economiesuisse gekippt. Das darf doch nicht sein. Dass bei der UBS und der CS im grossen Stil abgezockt wurde, war schon damals bekannt. Es ist einfach lachhaft, wenn die Kommission jetzt sagt, aktuelle Ereignisse hätten sie umgestimmt.
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Nun hat sich die Economiesuisse offenbar für einen indirekten Gegenvorschlag eingesetzt. Kann man daraus schliessen, dass ein Umdenken stattgefunden hat?
Minder: Ich schliesse daraus, dass nun auch einige Liberale umkippen. Es brauchte bei ihnen offenbar etwas länger. Ich bin übrigens auch liberal und bürgerlich. Man musste nicht Prophet sein, um diese hohen Abgangsentschädigungen und Boni kommen zu sehen.
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das ganze Interview mit Minder via Schaffhauser Nachrichten
bild via "blick"
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