Montag, 31. Mai 2010

Die Gattung (Investment-) Banker

Die Sonntagszeitung widmete der Gattung Banker unter dem Titel "Die Jünger des schnellesn Geldes" ein ganzes Fokus-Special. Darin enthalten u.a. ein Interview mit Soziologin und Buchautorin Claudia Honegger über selbstsichere Banker, welche die Krise erstaunlich rasch verdaut haben. Der Titel des lesenswerten Interviews, der die Haltung von Investmentbankern wiedergebe: "Die Politiker machen sowieso, was wir wollen".
Unter dem Titel "ohne Rücksicht auf Verluste" wird geschildert, was das Investmentbanking so gefährlich macht:
" ... Was macht das Investmentbanking so gefährlich? Die kurze Antwort lautet OPM: «Other People's Money». Es bedeutet, dass Investmentbanker mit dem Geld anderer grosse, risikoreiche Wetten eingehen können, und zwar komplett gefahrlos. Möglich ist das, weil sie viele ihrer Geschäfte so kompliziert gestalten, dass Aufsichtsbehörden und Aktionäre kaum nachvollziehen können, was sie eigentlich tun, und ihre Banker deshalb kaum überwachen und zur Rechenschaft ziehen können. Geht es schief, muss der Steuerzahler einspringen, weil sonst das Finanzsystem zusammenkracht. Die Folgen dieses Geschäftsmodells sind fatal: «Ohne direkte oder indirekte Aufsicht haben die Händler und Banker jeden Grund, verrückte Geschäfte zu machen, die ihnen schnelle Gewinne und Bonuszahlungen bescheren», stellt Starökonom Nouriel Roubini fest. Der oberste Kantonalbänkler der Schweiz, Paul Nyffeler, sagte am Freitag, der Gewinn, den die Investmentbanken derzeit mit Anleihen verschuldeter Staaten mache, grenze an «Raub am Volk». Praktisch alle Experten sind sich einig: Ein Investmentbanking im bisherigen Stil ist angesichts der kleinen Gewinne für die Volkswirtschaft zu riskant. ..."
Unter dem Aufmacher "Die Jünger des schnellen Geldes" wird ebenfalls auf das neu herausgebrachte Buch «Strukturierte Verantwortungslosigkeit. Berichte aus der Bankenwelt» eingegangen:
" ... Wie kam es zur Katastrophe? Die Befragten stimmen bei den Ursachen überein: einerseits die «Gier nach immer mehr» und anderseits die Verblendung, das Vergessen der simpelsten Einsicht der Finanztheorie, dass grössere Risiken eingeht, wer höhere Renditen anstrebt. Denn alle meinten, sie hätten alles im Griff. Die stillen Stars dieses Booms waren die Mathematiker, Physiker und Informatiker, die immer komplexere Produkte austüftelten, immer raffiniertere Modelle aufbauten und ein vermeintlich immer solideres Risikomanagement ausdachten. «Man meinte plötzlich, alles, was man modelliert, tritt auch so ein», sagt ein Physiker, der bei einer deutschen Geschäftsbank als Risk Manager arbeitete. Man wollte glauben, dass es so eintreten würde, weil dies Profite verhiess, die sonst unerreichbar schienen. Dabei verstand niemand, was die Superhirne ausdachten, schon gar nicht die Chefs. Ein Business-Analyst der UBS sieht die Finanzelite als Netzwerk von Einfältigen, die sich durch keinerlei Vorsprung an Wissen, Verständnis oder Intelligenz auszeichneten: Mit etwas Glück seien gewisse Leute einfach raufgespült worden. Oben angekommen, erklärten sie sich: «Jetzt bin ich da, weil ich so gut bin.» Und die obersten Chefs erfuhren es oft gar nicht mehr, wenn die Realität nicht ins Modell passte: Sie steuerten ihre Banken so blind in den Untergang wie Erich Honecker die DDR. Verantwortlich fühlt sich in den undurchschaubaren Wertschöpfungsketten der Finanzindustrie niemand mehr: So wenig wie die Waffen schuld waren am Zweiten Weltkrieg, war eine Formel schuld an der Finanzkrise. Und niemand zieht die Konsequenzen - im Gegenteil: Wer aufwendig Ursachenanalyse betreibt, der verpasst das nächste Geschäft. Um das Geschäft, also den Deal, dreht sich alles, besonders für die Investmentbanker. Und dabei geht es nur darum, wer den anderen aussticht oder hereinlegt. Die Porträts bieten so ein Bild von Gladiatoren, die jeder für sich um die Trophäe kämpfen: «Wer das meiste Geld verdient», sagt ein deutscher Bankenberater, «der ist der Tollste und Beste.» Der Wettbewerb tobt denn auch um alles, was sich mit Geld kaufen lässt: das teuerste Outfit, die teuerste Karrosse, die teuersten Callgirls. Die Investmentbanker glaubten, sie verdienten das Geld für die Banken, ärgert sich ein promovierter Physiker, der die Produkte für sie entwickelt. Das liessen die höchstbezahlten Banker alle anderen spüren: «Wenn ich meinen Anzug von der Stange kaufe und da im Aufzug fahre mit zwei Investmentbankern, und die Investmentbanker sich dann darüber unterhalten, wie schäbig denn das aussieht.» «Es ist wie ein Spiel», erklärt eine Schweizer Brokerin mit Erfahrung in London und New York. «Wo stehe ich im Bonusgefüge? Wird gesehen, was ich leiste? Bin ich ein High Performer? Wenn Sie eine halbe Million verdienen, aber alle anderen 700 000, dann scheisst Sie diese halbe Million an.» In diesem Krieg aller gegen alle leisten die Gladiatoren totalen Einsatz mit ihrer Bereitschaft, «Nacht für Nacht diese Extrameile zu gehen», wie ein deutscher Investmentbanker sagt: «Da bricht der Freundeskreis, läuft die Freundin weg.» Deshalb halten die Banker ihre exorbitanten Saläre für völlig gerechtfertigt. Und sie vertrauen nur auf sich selbst, ohne jegliche Loyalität zu Kollegen, Kunden, Arbeitgeber. Denn sie sehen bei allen - auch bei den Kleinsparern, die ein paar Prozent mehr Rendite fordern - denselben Antrieb: die Gier. ..."
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